19.04.2017 Ein Interview mit Frau Nicole Weinhold, Chefredakteurin des Fachmagazins „ERNEUERBARE ENERGIEN“ und Herrn Benjamin Krüger, CTO GEPA mbH über die Ursache von Havarien / Umstürzen von WEA

Frage Frau Nicole Weinhold:

Was ist aus Ihrer Sicht meistens die Ursache von Havarien/Umstürzen von WEA?

Antwort Herr Benjamin Krüger:  Aus unserer Sicht liegt die Ursache der Havarie einer WEA in der Überlagerung von Schwingungen (Resonanzfrequenzen). Jedes Bauteil hat mehrere Eigenfrequenzen. Über die Laufzeit der WEA können sich die Frequenzcharakteristiken der Bauteile jedoch ändern, beispielsweise durch Defekte am Fundament, am Schwingungsdämpfer, durch Unwuchten oder durch den Austausch von Baugruppen.

Probleme treten nun auf, wenn Schwingfrequenzen und Eigenfrequenzen nahe beieinander liegen – hierdurch können Resonanzen auftreten dabei findet ein gegenseitiges “Hochschaukeln” der Frequenzen statt. Dadurch kommt es zu viel höheren Belastungen als zuvor rechnerisch durch Simulationen ermittelt.

Durch die herkömmlich verwendeten Simulationen bei der Begutachtung von WEA durch Sachverständige  werden Alterungseffekte und komplexe Schwingungscharakteristiken der WEA nicht oder nur unzureichend berücksichtigt.

Eine routinemäßige messtechnische Untersuchung, die diese Faktoren ermittelt, findet gewöhnlich nur für wenige Baugruppen statt, z.B. am Triebstrang. Dagegen wird das Monitoring des Fundaments oder des Turmes vernachlässigt. Selbst die Daten der vorhandenen Sensoren werden nur eingeschränkt verwendet, z.B. zur Notabschaltung bei Getriebeschaden. Auch werden sie selten im vollen Umfang gespeichert, so dass sie für weitere Analysen häufig nicht zur Verfügung stehen .

Somit können viele Schäden erst zu spät erkannt werden – im Extremfall erst bei einem Totalausfall oder Havarie der Anlage. Die so wichtigen Messdaten für eine Ursachenanalyse liegen dann leider nicht mehr vor.

Frage Frau Nicole Weinhold:

Was muss man anders machen, wenn man ein Windrad plant?

Antwort Herr Benjamin Krüger: Bei der Planung  und Endabnahmen der WEA nach Fertigstellung wird aus Kostengründen oft auf die messtechnische Validierung und Dokumentation der durch Simulation errechneten Ergebnisse verzichtet. Die zugrundeliegenden Regularien und Normen beziehen sich fast ausschließlich auf die per Simulation ermittelten Schwingungscharakteristiken und beziehen nur im Ausnahmefall messtechnische Untersuchungen aller Komponenten mit ein (Siehe z.B. DIBt , TS61400-1) Messungen sind hier mehr die Ausnahme als die Regel und werden erst dann eingesetzt, wenn bereits ein Schadensfall vermutet wird (z.B. bei Unwuchten, Getriebeschäden).

Das Ziel sollte dagegen ein konstantes Monitoring der Schwingungscharakteristik der WEA  sein – zumindest aber eine wiederkehrende messtechnische Überprüfung bei Inbetriebnahme und dann etwa alle drei bis fünf Jahre. Durch diese Vorgehensweise können Schäden bereits früh an Änderungen der Schwingungscharakteristik erkannt und das Risko von Havarien minimiert werden.

Frage Frau Nicole Weinhold:

Kann man auch an einem älteren Windrad noch nachträglich die Sicherheit vor einem Umstürzen erhöhen?

Antwort Herr Benjamin Krüger:  Ja, dank neuartiger Sensortechnologie konnten wir in Messungen beweisen, dass für die Analyse der Schwingungscharakteristiken einer WEA ein einziger Sensor ausreicht, der hersteller- und typunabhängig ohne Montageaufwand und Beschädigung der WEA-Bauteile in jeder Anlage angebracht werden kann. Hierdurch sind unsere Komplettsysteme deutlich kostengünstiger als herkömmliche Lösungen.

Die Messdaten werden dem Betreiber oder Wartungsservice über eine Mobilfunk- oder bestehende Onlineverbindung  zu Verfügung gestellt. Bei einer Überschreitung eines Grenzwertes werden sofort Nachrichten via SMS, E-Mail oder an den Server der Leitstelle versendet.

Durch unsere Echtzeitmesssysteme können die Verantwortlichen frühzeitig reagieren und Maßnahmen zur Schadensvermeidung einleiten, z.B. ein kontrolliertes Abschalten der Anlage. Alle Schwingungsdaten werden zudem mit Hilfe eigens dafür entwickelter, robuster Verfahren gespeichert,  so dass sie neben der Warnfunktion auch der Ursachenanalyse dienen können. Hierdurch können selbst minimale strukturelle Veränderungen in der Anlage frühzeitig erkannt und behoben werden.

Wir danken Frau Weinhold für das von ihr geführte Interview. Es erschien am 24. April auf der Internetseite des Fachmagazins.